Hintergründe zum Film FORBIDDEN VOICES

Vor der Eröffnung ihrer Blogs führten die drei jungen Frauen ein ganz normales Leben. Doch durch ihre mutigen Äusserungen und ihr Engagement wurden sie zur Bedrohung für die Machthaber ihres Landes.

Im Mittelpunkt von FORBIDDEN VOICES stehen drei junge Bloggerinnen aus unterschiedlichen Kulturen und Ländern, in denen Regimes die Menschenrechte missachten und die Meinungs- und Pressefreiheit als eine Gefahr für ihre Machtansprüche sehen. Wer sind diese couragierten Rebellinnen im Web?

Yoani Sánchez ist die erste Kubanerin, die unter ihrem richtigen Namen mit Hilfe ihres Blogs das Regime kritisierte und damit auch Fidel Castro provozierte. Ihre Millionen-Leserschaft und ihr furchtloses Engagement machen die mutige Aktivistin zu einer der bekanntesten Bloggerinnen der Welt. Yoani setzt sich vehement für Meinungs- und Pressefreiheit in Kuba ein, obwohl die Regierung versucht, sie mit Gewalt zum Schweigen zu bringen. Und riskiert dabei ihr Leben.

Die Iranerin Farnaz Seifi ist eine Internet-Pionierin ihres Landes und kämpft mit ihrem Blog und politischen Kampagnen gegen die extreme Diskriminierung der iranischen Frauen und den unmenschlichen Fundamentalismus im Iran. Das Regime zensurierte ihren Blog und verhaftete die Aktivistin. Farnaz blieb einzig die Flucht ins Exil, von wo aus sie ihren Kampf unermüdlich weiterführt.

Die chinesische Menschenrechtsaktivistin Zeng Jinyan prangert mit ihrem Engagement im Internet die Menschenrechtsverletzungen in China an und kämpft für die Freilassung ihres gefangenen Mannes, des Bürgerrechtlers Hu Jia. Jinyan steht dafür seit über vier Jahren mit ihrer kleinen Tochter in ihrer Wohnung unter Hausarrest. Sie engagiert sich selbst aus der Gefangenschaft für ihre Forderungen.

Die drei Protagonistinnen stammen aus unterschiedlichsten Ländern, doch ihre Anliegen und ihre Ziele sind dieselben. Sie stellen aus ihrer ganz persönlichen Sicht politische und gesellschaftliche Forderungen, drücken in ihren Blogs aber auch ihre Verletzlichkeit und Ängste aus. Sie setzen sich mit ihren virtuellen Stimmen und in ihrem Alltag für Menschenrechte, Pressefreiheit und demokratische Grundrechte ein, auch wenn sie dabei drakonische Strafen und sogar ihr Leben riskieren. Die Bloggerinnen geben trotz allen Repressalien und zeitweiligen Rückschlägen nicht auf. In FORBIDDEN VOICES erzählen «verbotene Stimmen» die wahren Geschichten hinter der Mauer des Schweigens.

Schwierige Dreharbeiten zu FORBIDDEN VOICES 

Verhaftung des Kameramanns im Iran 

Für die Dreharbeiten in Teheran reiste Kameramann Peter Indergand mit einer unauffälligen Kamera in den Iran. Die Aufnahme-Arbeiten wurden in Zusammenarbeit mit «Reporter ohne Grenzen» minutiös geplant, um das Risiko einer Verhaftung möglichst klein zu halten. Doch schon am ersten Tag schlug das misstrauische Regime zu. Fünf Motorradpolizisten kreisten Peter Indergand ein, als er in Teherans Strassen die iranische Fahne filmte. Sie befahlen ihm, sich hinten aufs Motorrad zu setzen und brachten ihn auf einen Posten zum Verhör. «Reporter ohne Grenzen» war ständig in Alarmbereitschaft, um alle Hebel in Bewegung zu setzen, sollte der Kameramann nicht mehr freikommen. Der Polizeichef persönlich verhörte Peter und sah sich alle Aufnahmen einzeln an. Nach bangen Momenten liess er sich überzeugen, dass die Aufnahmen nur touristischen Zwecken dienten.

Doch als Peter Indergand am nächsten Tag Aufnahmen von den wichtigsten Orten der Demonstrationen von 2009 machte, erschienen die Sicherheitspolizisten wieder wie aus dem Nichts. Von neuem Verhaftung und Verhör. Alle Daten von Peter wurden registriert und unser Kameramann wurde bis zu seiner Abreise mit einem absoluten «Fotografier-Verbot» belegt. Trotzdem wagte er es unter grossem persönlichem Risiko, die Dreharbeiten in Teheran fortzuführen, um alle Bilder zu schiessen, die es für FORBIDDEN VOICES brauchte.

Unter ständiger Überwachung in Kuba

Seit ihr Blog auf weltweite Resonanz gestossen ist, steht Yoani Sánchez in Kuba unter ständiger Überwachung. Vor ihrer Plattenbausiedlung sitzen Tag und Nacht zivile Agenten im Schatten der Bäume, im Hinterhof, in Autos. In einer Nacht- und Nebelaktion gelang es, das Film-Equipment unbemerkt in Yoanis Wohnung im 14. Stock zu bringen. Dreharbeiten mit ihr ausserhalb ihrer Wohnung waren sehr schwierig, das Material hätte beschlagnahmt,  die Filmequipe auf der Stelle verhaftet und ausgeschafft werden können. Nur mit grösster Vorsicht gelang es , einige Male unbemerkt in den Strassen Havannas und im Landesinnern mit Yoani zu drehen. Wie viel ihre Bewacher von den Dreharbeiten wahrgenommen haben, ist nicht klar. Aber als die Filmequipe nach Dreharbeiten am Meer gerade wieder ins Auto stiegen, fuhren zwei Polizeijeeps mit quietschenden Reifen vor und machten eine Grossrazzia genau am selben Platz, wo nur Minuten Yoani gefilmt worden war.

Da es für Yoani und das Filmteam zu riskant war, sie mit der grossen Kamera an brisante Orte wie an den Protestmarsch der «Weissen Frauen» oder auf die Polizeistation zu begleiten, auf der sie Anzeige gegen ihre Peiniger erstattete, filmte ihr Mann Reinaldo Escobar mit einer versteckten Kamera für FORBIDDEN VOICES. 

Chinesische Wachmänner vor dem Haus

Um mit Zeng Jinyan zu drehen, reiste das Filmteam dreimal nach Peking. Mit Hilfe unterschiedlichster Kontakte versuchten wir,  die damals schon unter Hausarrest stehende Zeng Jinyan persönlich zu treffen. Viele Leute nahmen ein enormes Risiko auf sich, um diese Begegnung zu ermöglichen. Doch bei den vor ihrem Haus postierten Wachen gab es kein Durchkommen. Es gelang aber, Filmaufnahmen von ihr zu erhalten, die sie von sich selbst im Hausarrest gedreht hatte. Diese Filmdokumente bieten einen einmaligen Einblick in ihre schwierige Situation und lassen die Bedrohlichkeit und Schwere eines Lebens unter staatlich verordnetem Hausarrest hautnah miterleben.

FORBIDDEN VOICES nimmt das Kinopublikum auf eine spannungsgeladene Reise mit, welche die Zuschauer die Höhen und Tiefen des täglichen Kampfes der Protagonistinnen hautnah miterleben lässt. Doch ganz anders als im Cyberspace, in dem sich die Worte in Lichtgeschwindigkeit fortbewegen können, ist das Leben und das Engagement der Frauen beschwerlich und voller Hindernisse, denn in diktatorischen Gesellschaften ist der individuelle Handlungsspielraum eng gesteckt. FORBIDDEN VOICES spürt den Schwierigkeiten aber auch Erfolgen nach, welche die Bloggerinnen mit ihrer Revolte hervorrufen und macht sich auf die Spurensuche nach den Auswirkungen und Chancen ihres Engagements. Er geht dabei der Frage nach, wie die jungen Rebellinnen mit ihrer öffentlichen Kritik gesellschaftsverändernde Prozesse in ihren Ländern in Gang setzen können.

Dieser Kinodokumentarfilm am Puls einer vernetzten, rebellischen Frauengeneration möchte zu grundlegenden Reflexionen über die Verantwortung jedes Einzelnen anregen und einen Beitrag zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit dem Recht auf Meinungsfreiheit und die Respektierung der Menschenrechte leisten. 

Forbidden Voices